Pressemitteilungen
Invema e.V. verleiht 2018 zum achten Mal den Inklusionspreis „HIN- & WEGgucker“
Aufzuzeigen, dass „Inklusion“ (die selbstverständliche Teilhabe behinderter Menschen in allen Lebensbereichen) noch lange nicht Realität geworden ist, es aber gleichzeitig gute Beispiele dafür gibt, wie Inklusion im „normalen Leben“ funktionieren kann – das will der Verein INVEMA e.V. aus Kreuztal mit seiner Aktion „Guck ma´“ und der Verleihung des jährlichen Inklusionspreises deutlich machen.
Anlässlich des Europäischen Protesttages zur Gleichstellung behinderter Menschen in allen Bereichen der Gesellschaft rief der Verein, der sich seit 1993 für die Inklusion behinderter Menschen in allen Lebensbereichen im Kreis Siegen-Wittgenstein einsetzt, nun bereits zum achten Male die Öffentlichkeit dazu auf, Vorschläge für den „HIN- und WEG-gucker 2018“ zu machen.
Unter dem Motto „Guck ma´ – Inklusion beginnt im Kopf“ zeichnet der Verein Personen, Gruppen, Organisationen, Betriebe, Behörden oder Geschäfte dafür aus, sich entweder für die Inklusion (Teilhabe) von Menschen mit Behinderung besonders eingesetzt zu haben oder eben – im Gegenteil – Inklusion bewusst behindert, Menschen mit Behinderung ausgegrenzt und Teilhabe blockiert zu haben bzw. zu blockieren. Im ersten Fall wird die auserwählte Person bzw. die auserwählte Organisation, Behörde oder Firma mit dem „HINgucker“ ausgezeichnet, im zweiten Fall mit dem „WEGgucker“.
20 bis 30 Vorschläge gingen auch in diesem Jahr wieder sowohl für den „HIN-gucker“ als auch für den „WEG-gucker 2018“ von Seiten der Bevölkerung ein. Insbesondere Menschen mit Behinderung selbst und ihre Angehörigen nutzen die Aktion, ihrem Ärger Luft zu machen – aber auch um zu loben!
Der Vorstand des Vereines INVEMA entschied sich nach Durchsicht der Vorschläge dazu, den „WEG-gucker 2018“ – einmalig in der Geschichte dieser Aktion – bereits zum zweiten Mal (!) an alle Gaststätten und Restaurants im Kreis Siegen-Wittgenstein für die mangelnde Bereitschaft und fehlende Sensibilität zum Abbau von Barrieren, die die Teilhabe von Menschen mit Behinderung verhindern zu verleihen!
Bereits 2016 wurde der WEGgucker an die Gaststätten und Restaurants im Kreis Siegen-Wittgenstein für die noch umfangreich vorhandenen Barrieren, die die Teilhabe von Menschen mit Behinderung in den meisten Restaurants nach wie vor behindern, verliehen.
Um diese Barrieren teilweise zu beseitigen, bot INVEMA bereits 1995 den Restaurants zum ersten Mal an, ihre Speisekarten für blinde Menschen kostenlos in Brailleschrift zu übersetzen. 1995 gab es jedoch keine Resonanz von Seiten der Gasstätten wie aus einem im Rahmen der Verleihung vorgelesenen Zeitungsartikel deutlich wurde.
2004 bot INVEMA die Aktion erneut an. Auch in 2004 meldete sich aufgrund der damaligen Pressearbeit wiederum kein einziges Restaurant bei INVEMA von sich aus, um ihre Speisekarten zu übersetzen. Aufgrund der bereits schlechten Erfahrungen in 1995 wurden dann über persönliche Ansprache wenigstens einige Restaurants erreicht.
Im vergangenen Jahr (2017) hat sich dann der Verein INVEMA gedacht, dieses Vorhaben ein drittes Mal anzugehen! Inklusion – so hatte man gedacht – sei ja mittlerweile in aller Munde, die UN-Behindertenrechtskonvention schon 10 Jahre alt und – wenn man den Aussagen mancher Kommunalpolitiker Glauben schenken möchte – der Kreis Siegen-Wittgenstein doch schon relativ gut aufgestellt im Sinne von Inklusion.
Doch weit gefehlt … ! Trotz umfangreicher Pressearbeit hat sich auch im letzten Jahr von sich aus kein einziges Restaurantbeim Verein gemeldet, die ihre Speisekarte übersetzen lassen wollten! Und das, obwohl INVEMA erneut diese Leistung komplett kostenlos angeboten hatte!
Erneut wurde eine Liste von Restaurants noch einmal persönlich angeschrieben und die kostenlose Leistung angeboten. Und erneut absolut keine Reaktion!
Dann ging INVEMA noch einen Schritt weiter und machte sich die Mühe, verschiedene Restaurants persönlich aufzusuchen!
Aber selbst jetzt nahmen nicht alle Restaurantbesitzer das Angebot mit offenen Armen auf! Viele wollten keine Karte haben! – Die Aussagen waren vielfältig:
Vom einfachen „Da machen wir nicht mit bei der Aktion!“ über
„In unserem Restaurant haben wir gar keine Karte mehr“ bis hin zu
„So was brauchen wir nicht – hier kommen keine Blinden hin!“
Manche wollten INVEMA damit abspeisen, indem sie darauf hinwiesen, dass ihre Karte ständig erneuert würde und es von daher keinen Sinn machen würde, sie zu drucken. Aber auch nachdem man diesen Besitzern angeboten hatte, auch die Änderungen immer wieder neu auszudrucken und zuzuschicken, ließen sie sich nicht darauf ein!
Seit nunmehr 23 Jahren scheinen sich die Restaurants sehr wenig dem Thema „Inklusion und Barrierefreiheit“ anzunehmen und weigern sich zum Teil beharrlich, selbst kostenlose Verbesserungen umzusetzen!!
Der Vorstand des Vereines INVEMA war der Meinung, dass sich aus diesem Grund die Gaststätten erneut einen WEGgucker verdient haben und hoffen, dass sich die betreffenden Gaststätten endlich auf den Weg machen, Barrieren abzubauen und Teilhabe zu ermöglichen!
Der „HIN-gucker 2018“ wurde an die „Kabarettistin, Theatertherapeutin und Schauspielerin Christa Weigand“ verliehen.
Christa Weigand, die als Theaterpädagogin bereits seit 2008 Theaterworkshops anbietet, startete in 2016 mit dem Theaterprojekt „Traumfänger“ ein Theaterprojekt für jedermann … eben auch für Menschen mit und ohne Behinderung.
In diesem Jahr ging das erfolgreiche Projekt bereits in die 2. Runde: der Titel des ersten Stückes lautete „So wie ich bin“, das Stück in diesem Jahr beschäftigte sich mit „Freundschaft, Liebe und das ganze Zeux“. Das Faszinierende für den Vorstand und sicher auch alle Besucher/innen der Theaterstücke war bei beiden Stücken eigentlich, dass Christa Weigand gelungen ist, „ganz normales Theater zu machen“ und alle Schauspieler – ob mit oder ohne Beeinträchtigung – so einzusetzen, dass ihre Fähigkeiten und Neigungen zum Vorschein kommen, im Vordergrund stehen und die Leute damit begeistern. Da stand der Mensch mit allem was ihn ausmacht im Vordergrund und nicht – wie das ja oft so ist – seine Beeinträchtigung oder sein scheinbares Defizit.
Thomas Pielhau vom Verein INVEMA betonte bei der Verleihung, dass dieses Theaterprojekt ein gelungenes Beispiel dafür ist, dass Inklusion von jedermann gelebt werden kann! Jeder kann etwas tun, jeder hat andere Stärken und Talente und jeder kann dort aktiv werden, wo er lebt und arbeitet. Christa Weigand hat das mit ihrem Theaterprojekt „Traumfänger“ vorbildlich umgesetzt!
Die 1. Vorsitzende des Vereines INVEMA, Christiane Münker bedankte sich für dieses Engagement und wünschte Frau Weigand, dass sie diese Trophäe dazu ermutigen werde, sich weiterhin für die uneingeschränkte Teilhabe von Menschen mit Behinderung insbesondere durch die Beseitigung der „Barrieren im Kopf“ einzusetzen!
Sie überreichte Frau Weigand, die in Begleitung einiger Schauspieler auf die Bühne kam die von der Künstlerin Kött-Gärtner speziell für diesen Preis angefertigte Trophäe mit den Worten: „Sie sind für uns alle ein gutes Vorbild dafür, dass Inklusion nicht von oben verordnet werden kann, sondern von jedermann gelebt werden muss! Jeder kann etwas tun, jeder hat andere Stärken und Talente und jeder kann dort aktiv werden, wo er lebt und arbeitet. Sie setzen das in Ihrem Theaterprojekt vorbildlich um!“
Die „Aktion GUCK MA´“ wird von der Aktion Mensch gefördert, die anlässlich des Europäischen Protesttages zur Gleichstellung behinderter Menschen Aktionen zum Thema „Barrierefreiheit und Miteinander in unserer Stadt“ unterstützt.
Rückblick auf erfolgreiche Arbeit und Wahl eines neuen Vorstandes
Inklusion ist kein Sparmodell – Neuer Vorstand setzt Schwerpunkt auf Qualität
Eine nicht alltägliche Mitgliederversammlung erwartete ca. 75 Mitglieder des Vereines INVEMA e.V., der sich für die Integration behinderter Menschen in einer inklusiven Gesellschaft im Kreis Siegen-Wittgenstein bereits seit über 20 Jahren einsetzt.
Bereits im Vorfeld hatte die langjährige, von 2002 bis heute amtierende 1. Vorsitzende des Vereines, Heike Hachenberg bekannt gegeben, dass sie für die kommende Amtszeit nicht mehr zur Verfügung stehen würde!
Rückblick
Doch zunächst erläuterten sowohl sie als auch der Geschäftsführer Stephan Lück die zurückliegenden Aktivitäten des Geschäftsjahres 2013/2014, ergänzt durch die Vorträge einzelner Leitungskräfte der unterschiedlichen Arbeitsbereiche des Vereines. Insgesamt konnte am Ende der vielen Vorträge positiv festgestellt werden, dass die Hauptziele des Vereines, die Förderung der Integration und Selbstbestimmung von Menschen mit Behinderung in allen Lebensbereichen und die Entlastung der Angehörigen auch im vergangenen Jahr wieder erfolgreich umgesetzt werden konnten.
Mit Hilfe der ca. 250 ehrenamtlichen und hauptberuflichen Mitarbeiter werden zurzeit ca. 250 Kunden des Vereines (in allen Altersklassen und mit den unterschiedlichsten Beeinträchtigungen) regelmäßig, individuell und selbstbestimmt unterstützt.
Zu den Angeboten des Vereines gehört der „Familienunterstützende Dienst“, mit dessen Hilfe Menschen mit Behinderung und deren Angehörige zumindest zeitweise ein selbstbestimmtes Leben im Freizeitberiech führen können, das Angebot des „Ambulant unterstützten Wohnens“, welches erwachsenen Menschen mit körperlicher oder geistiger Behinderung ein individuelles Leben in der eigenen Wohnung ermöglicht, der Bereich „Schule“, der Kindern mit Behinderung die notwendige Hilfe und Assistenz in Regelschulen anbietet, die „Beratungsstelle“, die den Menschen mit Behinderung selbst und den Angehörigen wertvolle Beratung bietet und nicht zuletzt das „Projekt Trägerberatung im Freizeitbereich“, welches „ganz normalen Anbietern“ der Kinder- und Jugendarbeit Beratung und Hilfestellung dabei anbietet, die eigenen Angebote inklusiv zu gestalten. All diese Angebote trugen im letzten Jahr wieder dazu bei, im Kreis Siegen-Wittgenstein nicht nur über Möglichkeiten der Integration zu reden, sondern Inklusion praktisch umzusetzen!
Wahl des neuen Vorstandes
Die mit Spannung erwartete Wahl des neuen Vorstandes verlief reibungslos und gab bei aller Trauer über den „Weggang“ der bisherigen Vorsitzenden Heike Hachenberg gleichzeitig auch Grund und Anlass zur Freude:
Zusammen mit Geschäftsführer Stephan Lück erklärten sich gleich 12 Mitglieder dazu bereit, die Geschicke des Vereines zu leiten! Zur 1. Vorsitzenden wurde einstimmig die ehemalige hauptberufliche Mitarbeiterin Christiane Münker gewählt, die mit dem Verein bereits seit ihrem Praktikum als Studentin vertraut ist und langjährige Mitarbeiterin und Leitungskraft in mehreren Bereichen war. Zur stellvertretenden Vorsitzenden wurde ebenfalls einstimmig Ursel Otto gewählt. Auch Frau Otto gehörte mehrere Jahre als hauptberufliche Mitarbeiterin dem Bereich „Wohnen“ an und bringt nun aus ihrer beruflichen Tätigkeit als gesetzliche Betreuerin viele für die Vorstandsarbeit wertvolle Erfahrungen mit.
Auch wieder vertreten im neuen Vorstand sind Kunden des Vereines, Angehörige und ehrenamtliche Mitarbeiter/innen, so dass eine vielseitige, aus verschiedenen Blickwinkeln gesehene Sichtweise bei der Bearbeitung der anstehenden Themen und Probleme auch im neu-gewählten Vorstand wieder gewährleistet ist!
Zukunftspläne
Pläne für das ablaufende und insbesondere nächste Jahr hat der Vorstand genug:
So soll u.a. ein Konzept entwickelt werden, auf welche Weise sich das selbstbestimmte Leben in der eigenen Wohnung auch für Menschen mit sehr starken Beeinträchtigungen umsetzen und finanzieren lässt. Denn „Selbstbestimmtes Leben in den eigenen vier Wänden“ ist laut der UN-Behindertenrechtskonvention ein Menschenrecht und kann nicht nur das Privileg von Menschen sein, die wenig Unterstützung benötigen!
Auch im Bereich „Schule“ gibt es einiges zu tun, wie Stephan Lück, Geschäftsführer und Gründer des Vereines berichtet: „Nachdem der jahrelange Kampf für das Recht auf Beschulung in einer Regelschule durch die UN-Konvention und das neue NRW-Schulgesetz erfolgreich beendet werden konnte, ist es nun an der Zeit, die Qualität des „Gemeinsamen Unterrichts“ zu sichern! Nach wie vor mangelt es dabei an der dafür notwendigen Ausbildung angehender Lehrer, den Weiterbildungsangeboten für die Lehrkräfte vor Ort in den Regelschulen und einigen anderen sinnvollen Rahmenbedingungen! Auch die nach wie vor vorhandenen „Barrieren im Kopf“ vieler Lehrkräfte müssen angegangen und beseitigt werden!“
Darüber hinaus werden viele Aktionen, Infostände und –veranstaltungen auch im Jahre 2015 wieder zu den Aktivitäten des Vereines gehören, die alle „unterm Strich“ nur eines zum Ziel haben: die Integration behinderter Menschen im Kreis Siegen-Wittgenstein zu fördern!
Verabschiedung des „alten“ Vorstandes
Am Ende der Vollversammlung wünschte die „alte Vorsitzende“, Heike Hachenberg dem neuen Vorstand gutes Gelingen und Entschlossenheit im Hinblick auf die Umsetzung der Ziele des Vereins: „Es sind immer nur kleine Schritte, die wir gehen können aber langfristig wird sich durch unsere Angebote das Miteinander behinderter und nichtbehinderter Menschen verändern und wirkliches Miteinander „normal“ werden! Und von daher lohnt sich jeder noch so kleine Schritt in Richtung einer inklusiven Gesellschaft“!
Im Anschluss an die Vollversammlung wurde dann die „alte Vorsitzende“ gebührend verabschiedet mit Dankesworten von Mitarbeitern und Kunden und einem von den Leitungskräften des Vereines selbst „gezauberten“ Buffets.